Führung St. Thomas Kirche

Ein Kleinod des Breisgauer Kirchenbarocks

Kirchenführung des Kultur- und Geschichtskreis Betzenhausen-Bischofslinde in St. Thomas

Zu einer kunstgeschichtlichen Führung in der Betzenhausener Dorfkirche St. Thomas hatte der Kultur- und GeschichtsKreis Betzenhausen-Bischofslinde eingeladen. Das Vorstandsmitglied Nicolai Bischler konnte in der mit 150 Personen bis auf den letzten Platz besetzten Kirche Herm Professor Brommer und den Restaurator Bauernfeind, selbst Mitglied der Pfarrgemeinde, begrüßen.

Umrahmt wurde die Veranstaltung durch musikalische Darbietungen des Gesangvereins Liederkranz Betzenhausen/Bischofslinde sowie einem Orgelsolo seiner Leiterin Beata
Veres-Nonnenmacher.

In seinem lebendigen Vortrag beschrieb Professor Brommer zunächst die Geschichte der Kirche St. Thomas und ihrer Ausstattung. Ein Vorgängerbau ist erstmals 1447 mit Sicherheit
erwähnt. Spuren der ersten Barockkirche von 1700 sind an der westlichen Wand als graue Halbpilastermalerei erhalten.

Auch die Kanzel gehört wohl zur originalen Ausstattung. Wegen Baufälligkeit musste um 1770 Turm, Sakristei und Chorraum erneuert werden. Die neue Kirche wurde gleichzeitig
erhöht und um ein Fenster verlängert. Planung und Ausführung lag in den Händen des Freiburger Stadtbaumeisters Johann Baptist Häring, der auch weitere Kirchen in Freiburg und der March erbaute. Freifräulein Kreszentia von Brandenstein aus der Familie der Betzenhausener Zehntherren stiftete für ihr Seelenheil, wie Prof. Brommer ausführte, 500 Gulden und eine gotische Statue “ Maria unterm Kreuz“, die heute in der Zentralnische des Hochaltars steht. Mit dem Bargeld konnte vom Freiburger Universitätskupferstecher P. Mayer das große Thomas-Bild erworben werden. Es ist eines der wenigen erhaltenen Ölgemälde dieses Künstlers. Der originale Rokoko-Rahmen wurde von der damaligen Freiburger Stadtherrschaft gestiftet. Wie so häufig bei armen Landpfarreien versuchte die Gemeinde ihre
Kirchenausstattung durch preisgünstigen Zukauf zu ergänzen.

Durch die Säkularisation wurden Kunstgegenstände aus den aufgelösten Klöstern frei und so konnte 1786 für St. Thomas der Kreuzweg des Klarissinnenklosters in Freiburg gekauft werden. Auch die Seitenaltäre stammen nach ihren Bildinhalten vermutlich aus einem Frauenkloster, ohne dass ihre Herkunft sicher bekannt ist.

Den Glanzpunkt der Kirche bildet jedoch der restaurierte Hochaltar, der 1978 in Illingen bei Rastatt von Restaurator Bauernfeind erworben werden konnte. Ursprünglich stammte er aus der Benedektinerabtei Schuttern bei Offenburg. Abt Placidus IH. Hinderer von Schuttern hatte ihn für die von ihm neu erbaute Turmkapelle anfertigen lassen. Nach der Restaurierung des Ältars zeigt sich wieder die kostbare Stuckmarmoroberfläche, in die Silber-, Kupfer- und Messingfäden eingearbeitet sind. Im unteren Altarteil befinden sich Dekorationen in Scagliola-Technik. Dies ist eine Verzierungstechnik im Stuckmarmor, die den Anschein von Einlagearbeiten erweckt.

Scagliola-Arbeiten waren im 18. Jahrhundert sehr teuer und sind im Kirchenbarock Süddeutschlands entsprechend selten. Die Künstler lassen sich vermutlich, so Prof. Brommer, aufgrund biographischer Details im Leben AM, Placidus im Umfeld der Markgräfin Augusta Sybilla von Baden-Baden lokalisieren, die zur Ausschmückung von Schloß Favorite mit Stuckmarmorkunstwerken italienische Handwerker beschäftigt hatte. In einem kurzen lebendigen Vortrag beschrieb anschließend Restaurator Bauernfeind das Auffinden der alten Farbschichten der Kirchenmauern und die Rekonstruktion der Orginalbemalung mit einem Mantel als Baldachin hinter dem Hochaltar sowie farblich gefassten Apostelleuchtern. Durch die kongeniale Zusammenarbeit der damaligen Gemeindepfarrer Emil Dannenmayer bzw. Harald Schweizer mit dem Restaurator Bauernfeind konnte ein homogenes Ensemble zusammengetragen werden.

Die Sandsteinplatten des Fußbodens beispielsweise kamen aus Lehen, die Wangen des Gestühls aus Pfaffenweiler, Beicht-stuhl und Chorgestühl von der Baar. Sie alle wurden in ihre
Originalfassung zurückversetzt und bilden heute eine harmonische Einheit. So stellt die Kirche St. Thomas ein barockes Kleinod und eine Schatzkammer des Breisgauer  Kirchenbarocks dar.

Dr. Thomas Hammerich

Beitrag des KuGe im Bürgerblättle 149, Juni-Sept. 1999